ArtBox Thalwil 2024
23. Juli - 19. August 2022
Ausstellung Drahtobjekte
Im Eckrundell Schludenzer Tor
Glurns . Südtirol . Italien
Text von Nana Pernod
Poetische Zwischenräume -
Rosmarie von Scarpatettis Drahtobjekte im Eckrondell Schludernser Tor in Glurns (I)
Von Scarpatettis filigrane Drahtgeflechte zeichnen an der Wand neue Gebilde – das Licht bestimmt die räumliche Ausdehnung ihrer Objekte. Im Spiel zwischen Schatten und Licht treten poetische Zwischenräume auf, in denen der Geist des Betrachters durch das Geflecht wandern kann. Als Grundform ihrer Drahtobjekte dient der gebürtigen Glurnserin der Würfel. Nach der Jungschen Symboltheorie verkörpert er die Idee der Ganzheit, weiss von Scarpatetti zu berichten...
Gestalterisch bespielen von Scarpatetti’s Geflechte in ungewöhnlich poetischer Fantasie die auszustellenden Räume, vorstellbar als Netze von Transparenz zugleich mit einer unfassbaren Dichte. Was könnte da näher liegen, den Kerngedanken dieses Werkes als brandaktuellen Bezug zur heutigen vernetzten Welt in Zusammenhang zu bringen?
In den letzten Jahren haben sich die nervösen, pulsierenden Raster Rosmarie von Scarpatettis von der zweidimensionalen Leinwand in den dreidimensionalen Raum hinein emanzipiert.
Aus feinstem Metalldraht formt sie luftige Würfel, aus deren vielfacher Verkettung federleichte Netzstrukturen entstehen, die wie organisch gewachsen anmuten.
Interessant ist auch hier, wie von Scarpatetti der Geometrie buchstäblich ein Schnippchen schlägt, sie überlistet. Denn die materialeigene Spannung, die dem Metalldraht innewohnt, erlaubt das Biegen optisch labiler Würfel, die statisch aber stabil bleiben. Sie scheinen zu schwanken und zu straucheln, weil ihre feinen, linearen Gerüste sich in die eine oder andere Richtung neigen, aus dem Lot geraten. Trotz allem verharren sie in (fast) jeder präkeren Position, welche die menschliche Hand ihnen zuweist, ohne ihre Grundform zu verlieren, und sei sie noch so windschief. Genau in dieser Elastizität liegt der Reiz sowohl einzelner Würfel als auch ihrer vielfältigen Anreicherungen und Verdichtung zu atmenden, transparenten «Kissen» am Boden oder zu hängenden, filigranen Formationen an der Wand, die über sich hinaus wachsen, indem sie im Sonnenlicht bezaubernde Schatten werfen.
Die Idee zu dem feinen Drahtgeflecht als Modul für weitreichendere plastische Formationen kam Rosmarie von Scarpatetti an einem Neujahrsmorgen in der Stadt Zürich durch einen Fehltritt, der sich als Glücksgriff erweisen sollte: Inmitten leerer Champagnerflaschen und anderer Hinterlassenschaften einer wilden Silvesternacht blitzten ihr die Metallgeflechte der Korkenhalter entgegen: aufrecht in die Höhe ragend oder plattgetreten von vielen Schritten, von denen der von Rosmarie von Scarpatetti einer war. Sie war fasziniert von der Elastizität der geometrischen Form und sammelte einige Beispiele ein, die sie bis heute aufbewahrt, als Inspirationsquelle und Muster gleichsam.
Dr. Mechthild Heuser
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Porträt Spiel mit Transparenz und Verdichtung
Autorin: Marianne Preibisch
Für manuell Ausgabe 1.2./25
«Gehe hinter das Dahinter»
Auf Draht sein mit Rosmarie von Scarpatetti
Beim ersten Blick auf die Drahtgeflechte von Rosmarie von Scarpatetti würden wir kaum erwarten, dass diese dichten, organisch anmutenden Netzstrukturen aus lauter einzelnen Drahtwürfeln bestehen. Wer dem Rhythmus der sich wiederholenden Linien und Punkte folgt, begibt sich in Landschaften und Räume, die undurchdringlich und zugleich durchlässig erscheinen. Verdichtung und Transparenz ziehen sich durch die Werke der Künstlerin aus dem Südtirol als roter – respektive drahtiger – Faden durch.
«Dicht assoziere ich mit Etwas, das eng zusammen ist, konzentriert, nicht viel Raum beansprucht. Für mich kommt aber schnell auch der Gedanke vom Verdichten.» Damit sind wir mitten im prägenden Thema der Werke von Rosmarie von Scarpatetti: es geht immer um das Ausdehnen und Verdichten, um Begrenzung und Entgrenzung. Mit Hilfe von Knotenpunkten sind Tausende von einzelnen Würfeln miteinander verflochten und lassen sich räumlich beliebig verdichten.
Vom einzelnen Würfel zum verdichteten Drahtobjekt
Ihr Material erschafft sich die Künstlerin selbst. Sie verdreht verschiedene feine Drähte zu einem etwas dickeren, farblich zuweilen changierenden Draht – eine erste Verdichtung –, aus dem sie dann ihre Würfel formt. Die einzelnen, ausgeklügelten Arbeitsschritte sind längst verinnerlicht. Beinahe meditativ biegt sie die mit einer Schere zugeschnittenen Drahtstücke aus Silber-, Messing- oder Metalldraht (0.35 mm) zurecht und verknotet diese mit neuen Drahtteilen, bis alle Seitenlinien des Würfels in einem leicht schepsen, rechten Winkel zu einander stehen. Auf ihrem Arbeitstisch reiht sich Würfel um Würfel zu einer in sich verknoteten, dreidimensionalen Fläche. Zuweilen schachtelt sie auch mehrere Würfel ineinander. Bei der finalen Formfindung hängt sie ihr Material an die Wand und ‘modelliert’ Linien und Punkte intuitiv zu neuen – teils transparenten, teils stark verdichteten – Räumen. Sie spürt der Form aus verschiedenen Distanzen nach und reagiert, bis es für sie stimmt: «Mit Begrenzung und Entgrenzung, auch mit Hell und Dunkel will ich einen spezifischen Ausdruck von Spannung erzeugen». Sowohl Werkprozess wie auch die gesamte Komposition sind bestimmt von seriellen Formationen. «Kleine Welten, die ein grosses Ganzes erschaffen.»
Formfindung dank Stabilität und Elastizität
Die Künstlerin ist fasziniert von der materialeigenen Spannung, die den Metalldraht auszeichnet. Eine Eigenschaft, die das beliebige Biegen von optisch labilen und zugleich statisch stabilen Würfeln erlaubt. Der Würfel – Symbol für Ganzheit und Festigkeit – gerät unter Scarpatettis Händen aus dem Lot und nimmt amorphe Züge an. Die feinen, linearen Gerüste neigen sich in alle Richtungen, verharren mitunter in prekären Positionen. Und doch steht hinter jeder noch so schiefen Form immer die geometrische Grundform des Würfels. Das ist wohl auch das Geheimnis hinter der federleichten Wirkung ihrer verdichteten Netzstrukturen. Ein Gestaltungskonzept, das auf einer Mischung aus architektonischer Anordnung und handwerklicher Präzision basiert. Ein filigranes Spiel das die Künstlerin meisterhaft beherrscht.
Rosmarie von Scarpatetti probiert auch immer wieder andere Techniken von Drahtverbindungen aus. Sie rollt verschieden farbigen Lackdraht über ein Werkzeug und verbindet die Drahtspiralen zu lianenartigen Geflechten mit überraschenden Freiräumen. Sie bindet Drahtstücke zu grasartigen Bündeln und konstruiert daraus ausschweifende Plastiken. Oder sie rollt den Draht zu Rosetten und verdichtet diese zu runden ‘Teppichen’. Und doch kehrt sie immer wieder zurück zum Würfel: «er kommt meinem Interesse an Architektur und Raum, an Innen und Aussen am nächsten.»
Per Zufall zum Draht gefunden
Dass Rosmarie von Scarpatetti sich von der zweidimensionalen Leinwand – sie war lange in der Malerei zu Hause – in den dreidimensionalen Drahtraum begeben hat, ist eigentlich einem Zufall geschuldet. Inmitten leerer Champagnerflaschen anlässlich einer ausgelassenen Silvesternacht blitzen ihr die Metallgeflechte der Korkenhalter entgegen. Fasziniert von der Elastizität der geometrischen Form sammelt sie die achtlos rumliegenden Teile ein und hegt sie bis heute als Inspirationsquelle und Material-Muster. «Das Handwerkliche schlummerte schon lange in mir …».
Je nach Ausstellungsort rufen ihre Drahtobjekte ganz unterschiedliche Assoziationen hervor. In der Artbox am Bahnhof Thalwil interagieren sie mit der Ambivalenz von Ruhe und Nervosität. In der Utobadi-Kabine kommt es zu einem poetischen Farbspiel mit Sonne und Wind als würde sich der Alltagsstress für einen Moment auf- und weghängen lassen. In den mittelalterlichen Mauern ihrer Heimatstadt Glurns führen sie ein Zwiegespräch über Vergangenheit und Zukunft.
BIOGRAFIE
Künstlerischer Lebenslauf:
Geboren 1949 in Glurns/Glorenza Südtirol, Italien
Mittelschule Meran
Kunstschule in Ortisei/ Bolzano-Bozen
Schülerin von Emilio Vedova / Venedig
Weiterbildung Kunstakademie Salzburg
Weiterbildung Bad Reichenhall D
Weiterbildung Kunstgewerbeschule Zürich
Ausbildung als Kunst-und Ausdruckspädagogin ISIS Zürich
Unterricht a d Volkshochschule Dietikon: experimentelles Malen und Gestalten
Leitung Gruppenarbeiten im eigenen Atelier
Freischaffende Malerin und Gestalterin seit 1983
Weiterbildung ZHdK bei Claudia Schuh
Weiterbildung bei Prof. Dr. Marion Strunk
MITGLIEDSCHAFTEN:
Kunstsektion Internationaler Lyceum Club Zürich
Kunstverein Artischock Küsnacht
Visarte Zürich
1970 Gruppenausstellung Ortisei/ Italien.
1970 Werkschau Südtiroler Künstlerinnen Bozen.
1971-74 Gruppenausstellung Hohensalzburg.
1980 Einzelausstellung Galerie Murbach Zürich.
1983 Einzelausstellung Erdhaus Dietikon.
1988 Einzelausstellung Globudata.
1991 Einzel-Ausstellung Schlössli Dietikon.
1992 Gruppenausstellung- Kunstszene Zürich.
1994 Gruppenausstellung- Kunstzene Zürich.
1996 Einzelausstellung Gemeinde Spreitenbach.
1997 Einzelausstellung Gemeinde Bergdietikon.
2002/06 Einzelausstellung Galerie Cäcilia, Wameling Baden.
2008 Einzelausstellung Galerie C. Hohl Zürich.
2010 Einzelausstellung Galerie Claudine Hohl Zürich.
14/15/16/17 Jurierte Gruppen-Ausstellung, Höchhus Küsnacht.
Seit 2014 Gruppenausstellungen Haus zum Ehrenberg Zürich.
2015 Jubiläums-Gruppenausstellung Häslihalle Küsnacht.
2017 Einzelausstellung Galerie Sapo Küsnacht.
2017 Einzelausstellung Lyceumclub Zürich.
2017 Untertage Waldhaus Dolder.
2018 Sino-Swiss exchange exhibition
Wenlin Museum Kunming China.
2018 Sino-Swiss exchange exhibition
Wobau Museum Peking.
2021 Gruppenausstellung Artischock Zürich.
2001 Best of Visarte Zürich.
2021 November- Kunsttage Haus zum Ehrenberg Zürich.
2022 Einzelausstellung Stadtturm Glurns-Glorenza (I)
2022 Galerie Art&Business, Trittligasse 4, 8001 Zürich.
2022 November- Kunsttage Haus zum Ehrenberg, Zürich.
2023 Artischock- Kunstverein, Kulturschür Männedorf.
2023 Die Jurierte Artischock- Kunstverein, Küsnacht.
2023 Galerie Art&Business, Trittligasse 4,8001 Zürich.
2023 November- Kunsttage Haus zum Ehrenberg, Zürich.
2023 Python-Gallery, Kirchgasse 30, 8001 Zürich.
2024 Gruppenaustellung Galerie Werner Bommer Zürich.
2024 Einzelausstellung ArtBox Thalwil.
ROSMARIE VON SCARPATETTI